Blasorchester Babenhausen: Stadtkirche als „Elbphilharmonie des Blasorchesters“

Das gesamte Orchester unter der Leitung von Uwe Wittenberger eröffnete die Geburtstagsfeier in der Stadtkirche.

Bei einer Feier anlässlich eines 70. Geburtstags gibt es für gewöhnlich neben Reden auch Musik, bei den Musikern des Blasorchesters zeigt es sich eher als Musik mit dazwischengeschalteten Interviews mit tragenden Personen des Vereins, bei dem die Gäste viel Wissenswertes aus der Geschichte des Orchesters erfahren konnten. Die von Jolanda Ludwig professionell geführten Gespräche moderierten geschickt durch den Spätnachmittag in der vollen Stadtkirche.

Nach der großartigen Einführung mit der „Festmusik“ von Richard Wagner, die das Große Orchester gemeinsam mit dem Jugendorchester unter der Leitung von Uwe Wittenberger spielte, holte die junge Jolanda Ludwig zwei Herren der älteren Generation ans Mikrofon: zuerst erzählte Klaus Mohrhardt, der viele Jahre dem Verein vorstand und seit 64 Jahren Mitglied ist, von den Anfängen des Orchesters. Pfarrer Heinrich Walter gründete demnach 1949 den „Evangelischen Posaunenchor Babenhausen“ und hätte wohl nicht erwartet, dass sich daraus eines Tages ein Orchester bildet würde, das sich der symphonischen Blasmusik verschrieben hat. Weltlich wurden die Klänge, als 1972 der Tanzmusiker Willi Vock die musikalische Leitung übernahm und 1976 bereits ein grandioses Konzert in der ausverkauften Stadthalle präsentierte. Aus anfänglich fünfzehn Mitspielern waren inzwischen 43 Musiker geworden, die auch fast geschlossen hinter Vock standen, als der vor die Wahl gestellt wurde, entweder wieder nur kirchliche Literatur spielen zu lassen oder zu gehen. Dass sich der Bruch von damals nicht als dauerhaftes Abwenden des Orchesters von der Kirche erwiesen hat, zeigt der seit 1995 regelmäßig durchgeführte Musikalische Adventsgottesdienst, bei dem das Blasorchester in seiner kompletten Besetzung von Jung bis Alt eine tragende Rolle einnimmt. Mohrhardt betonte, wie gerne die Musiker in der Stadtkirche spielten und nannte den Kirchenraum „Elbphilharmonie des Blasorchesters“. Er erinnert sich auch gerne an die Zeit, als Soldaten aus der Kaserne im Orchester mitspielten, die ihre amerikanische Literatur einbrachten. Zeitweise waren sogar 14 Amerikaner gleichzeitig dabei, was den Stil damals doch nicht unwesentlich prägte. „A Thousand Years“, gespielt vom Jugendorchester leiteten zum nächsten Gesprächspartner über, der ebenfalls fast von Anfang an dabei war: Karlheinz Heil wünschte dem Blasorchester, dass es weiterhin so viel Freude an der symphonischen Musik habe und sowohl weitere Musiker dazugewinnen kann als auch immer viele Zuhörer findet, die zu den zahlreichen Auftritten kommen.
„Fiskinatura“ vom großen Orchester unter der Leitung von Christian Ott gespielt, unterstrich die symphonische Ausrichtung der Musiker, ebenso wie etwas später „Sedona“. Das Jugendorchester wählte etwas jüngeres mit dem Song „Mars“ aus „Die Planeten“. Dirigiert wurden sie von Uwe Wittenberger, der vom Anfang der „JuMBOs“ (Junge Musiker im Blasorchester) berichten konnte. Auch Werner Kunkel erzählt, wie vor 20 Jahren auf Initiative von jungen Musikern die Gründung der jungen Abteilung verlief. Es wurden Name und Logo gemeinschaftlich entworfen und strukturiert in die Jugendarbeit eingestiegen, obwohl die Idee damals beim Vorstand zunächst auf Skepsis stieß, aber sich sehr bald schon zu einer Erfolgsstory entwickelte. Das große Ziel von „100 Jumbos“ sei mit dem bisherigen Höchststand von 98 noch nicht ganz erreicht worden, was aber bei der hohen Fluktuation in der Jugendabteilung kein Wunder sei.
Sehr viele der Jumbos wechselten zudem in das Große Orchester und blieben somit dem Verein ja durchaus erhalten. Gerne erinnerte Kunkel sich an erfolgreiche Musical-Aufführungen wie „Max, der Regenbogenritter“, „Wakatanka“ oder „Zirkus Jumbolini“. Er wünscht dem Geburtstagskind weiterhin Musiker, die Lust am Instrumentenspiel haben und Leute, die sich gerne in der Organisation einbringen, damit Veranstaltungen wie diese stattfinden können. Wittenberger erinnert sich besonders gerne an mehrtägige Jugendfreizeiten und Orchesterreisen, wo auch die Freundschaften, die auf musikalischer Ebene entstehen persönlich gepflegt werden. Er betont die Lust, sich zu engagieren, etwas zu planen und vor allem die Jugendlichen zu motivieren. Als er die anstehende Osterfreizeit in zwei Wochen erwähnte, erklangen fröhliche Jauchzer aus den Musikerreihen, die seine Worte bestens unterstrichen. Uwe Wittenberger wünscht den Jumbos weiterhin Freunde auf persönlicher Ebene zu bleiben, auch wenn das heute in der schnellen medialen Welt immer schwieriger zu werden scheint.
Pfarrer Dr. Frank Fuchs empfindet Musik in der Kirche genauso wichtig wie Gebet, Liturgie und Predigt und begrüßt die Nähe von Gemeinde und Blasorchester. Der Adventsgottesdienst sei das sichtbarste Zeichen, aber da zwei Mitglieder sowohl im Vorstand des Orchesters als auch in der Kirche aktiv seien, wäre die Verbindung durchaus mehrschichtig. Er sprach dabei von Simone Reidel und Werner Kunkel. Fuchs sähe es gerne, wenn es ein festes Ensemble gäbe, das regelmäßig bei Festgottesdiensten spiele.
Frederike Ott und Leo Schütz zeigten mit ihren Schützlingen vom Vororchester, was mit nur ein paar Monaten intensiven Übens auf dem Blasinstrument schon machbar ist: „Dampflok“, „Hully Gully“ und ein „Frühlingslied“ klangen in der Stadtkirche durchaus ordentlich. Ott ist Dirigentin des Vororchesters und der Bläserklasse und freut sich beim Musikmachen besonders über die Vielseitigkeit: man könne alleine spielen oder mit Gleichgesinnten und zudem Anderen eine Freude bereiten.
Der „Geburtstagsmarsch“ von Hans Möckel darf bei einer Jubiläumsfeier mit gleich zwei Geburtstagskindern natürlich nicht fehlen und viele Zuhörer stimmten bei dem allseits bekannten Lied gerne gesanglich ein.
Nachdem die Dirigenten und die Moderatorin für die Gestaltung der schönen Feier jeweils ein kleines Dankeschön erhalten hatten, schloss das Gesamtorchester majestätisch mit „Highland Cathedral“ und es blieb den Gästen noch genügend Zeit, sich die vielen Zeitungsausschnitte und Fotos zu betrachten, die von der bewegten Vereinsgeschichte und den vielen Aktivitäten des aktiven Orchesters berichteten. Ein gelungener Auftakt in ein Jubiläumsjahr, in dem das 70-jährige Orchester und die 20-jährigen Jumbos noch einige Male auftreten wird. Die nächsten Termine sind am 29. Juni die Sommerliche Serenade auf dem Schlossplatz und am 23. November das Jahreskonzert in der Stadthalle.
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