„Mit einem weinenden Auge“: Einzelhändler in fünfter Generation schließt zum Jahresende

Familiär und traditionell geht es noch bis Jahresende im Lebensmittel- und Getränkehandel Arnold zu. Bedienung in der Obst- und Gemüseabteilung war genauso selbstverständlich wie ein Lieferservice.

Vor 165 Jahren begann die Geschichte eines Einzelhändlers in der Friedrich-Ebert-Straße. Was mit der Eröffnung eines Kolonialwarengeschäfts entstand, endet am Jahresende in fünfter Generation mit der Schließung des Lebensmittel- und Getränkehandels Arnold.

Für viele Kunden kommt das Aus des familiengeführten Unternehmens im Ortskern von Schaafheim überraschend. Gunter Arnold hat sich in der Region mit seiner Dienstleistung zu fairen Preisen einen Namen gemacht. Den Schritt zur Geschäftsaufgabe hat sich der 53-Jährige nicht einfach gemacht. „Arbeitseinsatz und Ertrag haben sich nicht mehr gerechnet“, erklärt er. Der Umsatz des Lebensmittelgeschäfts sei seit mehreren Jahren rückläufig. Die Haushaltswarenabteilung habe er in den letzten Jahren auf ein Warenbestandsminimum zurückschrauben müssen.
Der Getränkehandel dagegen habe floriert, so der Einzelhändler. Nachdem Gunter Arnold die 300 Quadratmeter große Verkaufsfläche vor 15 Jahren übernommen hatte, baute er sukzessive einen Getränkelieferservice für Festlichkeiten auf. Die Kühlwagen mit der gelben Sprudelflasche und dem Firmenschriftzug waren nahezu auf jedem Fest der Umgebung zu sehen. „Den rückläufigen Lebensmittelhandel konnte ich mit dem Getränkehandelumsatz auffangen“, berichtet der gelernte Einzelhandelskaufmann und Lebensmittelkontrolleur. „Meine beengte Ortskernlage mit wenig Parkplätzen musste ich dennoch mit niedrigeren Preisen wieder wettmachen.“
Zudem hat das Familienunternehmen Qualitätsnischen wie den Verkauf von hochwertigem Kaffee, Oliven oder frischem Obst und Gemüse aus der Region gefunden. Dennoch stand der 80-Stunden-Einsatz pro Woche nicht im Verhältnis zum Verdienst der Familie. „Meine Eltern sollen sich mit Ende 70 in den Ruhestand zurückziehen können. Das würden sie nie tun, wenn das Geschäft im Erdgeschoss weiterlaufen würde“, betont der Schaafheimer.
Für die Einzelhändlerfamilie stehen Kunden schon immer an erster Stelle. Für ältere Leute gibt es einen kostenlosen Lieferservice. Getränkekunden erhalten ab einem gewissen Umsatz leihweise kostenfreies Festequipment. Ein Ausbildungsbetrieb war er obendrein.
„Mir hat auch der Nachfolger gefehlt. Mein Sohn hat kein Interesse, das Geschäft weiterzuführen. Letztendlich haben viele Gründe zur Entscheidung geführt, den Laden zu schließen“, sagt Gunter Arnold. „Einfach haben wir uns die Entscheidung allein wegen der neun Mitarbeiter nicht gemacht. Ein weinendes Auge ist immer dabei“, ergänzt Vater Klaus. Interessenten für die Verkaufsfläche habe es schon gegeben, so der Besitzer. Eine Entscheidung aber noch nicht.     

Hintergrund – Das langsame Sterben der Schaafheimer Ortsmitte: Geschäfte in der Schaafheimer Ortsmitte gab es mal mehr, mal weniger. Doch seit einigen Jahren schließen vermehrt renommierte Traditionsgeschäfte in Schaafheim. Nachdem das Textilhaus Winter in der Odenwaldstraße vor drei Jahren schloss, folgte die Metzgerei Laux und Spielwaren Sauerwein in der gleichen Straße. Die Bäckerei Sauerwein in der Wilhelm-Leuschner-Straße, auch als „Unnerdoorbäcker“ bekannt, öffnet wegen fehlendem Personal in der Backstube seit einigen Wochen nur noch an zwei Tagen. Und Armin Bonnet hat mit einem Antrag bei der Gemeinde bekannt gegeben, dass er mit seinem Fahrradladen aus der Ortsmitte quasi auf die „grüne Wiese“ am Ortsrand bauen möchte.

nda

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