Kunstausstellung in der Kaserne: Gestern und Morgen zu einem Augenblick verbinden

Weithin sichtbar in den Abendstunden: die Lichtprojektionen des Künstlers Jens Schader.

Schon bei der Anfahrt von Weitem gut zu erkennen sind die Bilder, die der Darmstädter Lichtkünstler Jens Schader auf die Außenwände der alten Kommandeursvilla in der ehemaligen Kaserne projiziert. Dabei entstehen die Bilder erst nach und nach: sie bauen sich auf aus vielen Einzelfotos, die der Künstler im unmittelbaren Umfeld der Villa auf dem Gelände gemacht hat. Da verdichten sich Gebäudedetails, Schriftzüge, Ausschnitte technischer Geräte zu einem Gespinst, das wiederum mit den Fassaden-Elementen der alten Villa eine faszinierende Einheit bildet und etwas Neues entstehen lässt.

Seit Anfang November ist die Ausstellung „GESTERN ist auch MORGEN“ auf zwei Etagen in der unrenovierten Villa auf dem Kasernengelände im neuen Stadtteil „Kaisergärten“ zu besichtigen. Initiiert durch den Babenhäuser Architekten und Künstler Kurt Schlösser haben sich fünf Künstler dem Thema angenommen. In ihren über 100 gezeigten Arbeiten interpretieren sie „Gestern“ und auch „Morgen“ auf sehr unterschiedliche Weise und doch sehr emotional und eindrucksvoll.
Die Vernissage am 1. November war (überaus erfreulich) sehr gut besucht. Begleitet von den Klängen des Swing-Trios aus dem Odenwald „Drei vom Lande“ flanierten zahlreiche Besucher zwischen den Exponaten durch die in der Vergangenheit hängengebliebenen Villa. Die Vielfalt der gezeigten Kunstwerke, die sowohl humoristisch als auch politisch motiviert sind, geht mit dem Ambiente des Gebäudes eine ganz besondere Verbindung ein, der man sich nicht entziehen kann, während man auf dem knarzenden Parkett durch die hohen Räume schreitet.
In seiner Eröffnungsrede spricht Christian Peukert, der Vorsitzende des Berufsverbandes Bildender Künstler, von einem Bogen, den die Künstler vom 120 Jahre alten Kasernengelände zum mit Leben und Kultur gefüllten Stadtteil „Kaisergärten“ spannen. Sie bedienen sich hierfür der Malerei, der Papierkunst und mit Installationen, Skulpturen und Lichtprojektionen lösen sie die Grenzen zwischen Vergangenheit und Zukunft auf.
Die Hergershäuserin Francisca Hausch setzt in vielen ihrer Werke klassische Baumaterialien wie Beton oder Metall ein, verbindet sie mit Malerei, überlagert Schichten. Dabei entstehen Parallelen zu den abbröckelnden Schichten von Farbe und Putz an den Wänden der Villa, so dass man den Übergang zwischen Vergänglichem und Neugeschaffenen kaum wahrnehmen kann.
Die Keramiken der Babenhäuser Ton-Künstlerin Sonja Schilling-Zimmer fügen sich in die Räume der Villa auf eine Weise ein, als hätte der Raum nur auf sie gewartet: ein fehlendes Puzzle-Teil. Ihre menschlichen Figuren füllen das Haus mit Leben, mit vielen Emotionen, die den Betrachter in Beschlag nehmen.
Auch die farbenfrohen Bilder von Kurt Schlösser legen ein breites Gefühlsspektrum offen: seine 38 hier gezeigten Bilder sind hauptsächlich in den Jahren ab 2000 entstanden. Er zieht sich abends gerne in seinen Malraum zur Entspannung zurück und lässt sich von Musik inspiriert auf eine Reise der Gefühle führen. Dabei bedient er sich sehr unterschiedlicher Techniken, probiert Aquarellmalen oder Bleistiftzeichnen aus. Seine Serie „Jahreszeiten“ ist eine Kombination von Hinterglasmalerei und Aquarell und zeigt überraschend auch eine „Fünfte Jahreszeit“. Neben kritisch hinterfragenden Motiven sieht man bei Schlössers Arbeiten auch oft den Humor aufblitzen.
Die Griesheimer Künstlerin Waltraud Zinßer arbeitet gerne mit dem Gegensatz zwischen Bruch und Verbindung. In der Serie „Bergmeere“ hat sie alte Fotografien ihres Vaters mit ihren eigenen kombiniert. So hat sie Vergangenes mit Gegenwärtigem verbunden und etwas Neues geschaffen. Pappmaché-Figuren aus alten Zeitungen werden zu Flüchtlingen in Drahtbooten, die keine Chance haben, das Meer sicher zu überqueren, um am ersehnten anderen Ufer eine Zukunft zu finden. Auch hier klingen wehmütige Gedanken im Betrachter nach.
Wer am kommenden Wochenende Zeit findet, sollte sich unbedingt die Ausstellung ansehen. Am Samstag (17.) von 14 bis 18 Uhr und Sonntag (18.) von 11 bis 18 Uhr kann man die beeindruckenden Arbeiten besichtigen. Der Eingang befindet sich gegenüber dem Restaurant „Da Lori“ an der Aschaffenburger Straße, wo sich auch die Parkmöglichkeiten befinden.    kb

 

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