„Grenzgänge” – Reisebericht zur Bildungsfahrt des Jugendforums der Stadt Babenhausen an Pfingsten 2016

Nicht der heilige Geist, sondern neue Erfahrungen und Einblicke zum Thema „Grenzerfahrungen“ sollten auf die Teilnehmer der diesjährigen Bildungsfahrt des Jugendforums am Pfingstwochenende „niederfahren“. Im Rahmen dieser Tour sollten im Laufe des Wochenendes zunächst die als „Little Berlin“ bekannte ehemalige Grenzstadt Mödlareuth, die in der Zeit des geteilten Deutschlands, genau wie Berlin, durch eine Mauer getrennt war sowie das Registrierungszentrum für Flüchtlinge in Passau nahe dem Drei-Ländereck besucht und erkundet werden.

Samstag, 14.5.2016

So ging es früh am Samstagmorgen für die Gruppe los in Richtung Mödlareuth. Das keine 100 Einwohner zählende Dorf liegt genau auf der bayerisch-thüringischen Grenze und war zur Zeit der DDR buchstäblich in zwei Teile gespalten. Sich dieser historisch besonderen Situation bewusst, wurde dort nach dem Ende der DDR das Deutsch-Deutsche Museum geschaffen, das die Geschichte von Mödlareuth während der Zeit der Teilung erzählt. Die Gruppe traf am frühen Mittag ein, nutzte den Tag um sich gründlich in „Little Berlin“ umzusehen, das Deutsch- Deutsche Museum zu erkunden und im Rahmen einer Führung auch die Grenzanlagen zu besichtigen, wobei die Teilnehmer weitere historische Hintergrundinformationen und Details erfuhren. Einen besonders bleibenden Eindruck haben hierbei die detailliert nachgebauten Grenzsicherungsanlagen hinterlassen, die weit umfangreicher als eine schlichte Mauer waren. Sie erstreckten sich von perfiden Selbstschussanlagen und Landminen, über Schutzzäune, die unter Strom standen und bei Berührung einen Alarm bei den „Grenzern“ auslösten und so eine Flucht nahezu unmöglich machten. Was aber in Erinnerung bleiben wird, sind die Bilder eines Dorfes, das zwar bis heute Grenzgeschichte lebt, jedoch immer eine lebendige Gemeinschaft geblieben ist. Übernachtet wurde dann in der Jugendherberge in Bayreuth.

Sonntag, 15.5.2016

Am Morgen des Pfingstsonntags ging es weiter nach Passau. Nachdem auf dem Weg dorthin der Auspuff des Busses kreativ und zweckmäßig „verarztet“ werden musste, erreichte die Gruppe am frühen Nachmittag die etwas oberhalb von Passau gelegene Jugendherberge „Veste Oberhaus“, von der ein nicht zu verachtender Ausblick auf die Stadt möglich war. In Passau wurde die Gruppe von Herrn Schmidt, dem Ehrenamtskoordinator der Stadt empfangen, der die Gruppe den restlichen Sonntag begleitete um, sehr lebendig von der „Flüchtlingshilfe in Passau“, zu berichten. Begleitet wurde er von zwei jungen Flüchtlingen, die ungefähr im selben Alter, wie ein Großteil der Teilnehmer waren, und sich heute im Rahmen eines BFD in der Flüchtlingshilfe in Passau engagieren. Passau hatte im Rahmen der Flüchtlingskrise insofern eine herausgehobene Stellung, weil es sich bei Passau um eine Stadt am Dreiländereck, Bayern-Böhmen-Österreich, handelt und die Stadt so in gewisser Weise einen Endpunkt der oft zitierten „Balkanroute“ bildet. In seinem Eingangsvortag eröffnete Herr Schmidt dann tiefere Einblicke in die Thematik, wie die Flüchtlingssituation, vor allem vom letzten Spätsommer bis zum Anfang diesen Jahres, rein praktisch aussah und welche sozialen Dynamiken im Rahmen der Flüchtlingshilfe eine Rolle spielten und noch heute spielen. Besonders der letztgenannte Aspekt war hierbei äußerst interessant, da sich Schmidt als städtischer Ehrenamtskoordinator natürlich besonders gut mit den möglichen Schwierigkeiten, die im Rahmen von ehrenamtlicher Arbeit bzw. Hilfe auftreten können und den sozialen Dynamiken, die hierbei eine Rolle spielen, auskennt. Im Anschluss an den Vortrag fuhren alle zusammen zur Registrierungsstelle für die ankommenden Flüchtlinge in den sogenannten „Paul-Hallen“. Dort arbeiten Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), der Bundespolizei und der Bundeswehr zusammen um der, sich inzwischen durch die Schließung der Balkanroute etwas „beruhigten“, Situation Herr zu werden. Vertreter des BAMF, der Bundespolizei und der Bundeswehr erläuterten hier ausführlich Arbeitsabläufe der Registrierungsstelle und ihre jeweiligen Aufgaben. Auch einen Teil der „Bearbeitungsstraßen“ für die Registrierung, durch die bis vor wenigen Wochen und Monaten noch täglich tausende Flüchtlinge durchlaufen mussten, konnten die Teilnehmer besichtigen. Was von dieser Station der Bildungsfahrt bleiben wird, sind sicherlich die schwer fassbaren Dimensionen der Flüchtlingsströme einerseits, aber auch die erfreuliche Gewissheit, dass selbst diese Dimensionen ehrenamtliche Helfer, deren Bereitschaft und Leistung wohl kaum genug gewürdigt werden kann, nicht abschrecken, sondern ganz im Gegenteil, eine Vielzahl auf den Plan rufen und diese zu Höchstleistungen anspornen.

Montag, 16.5.2016

Bevor es am Mittag des letzten Tages der Bildungsfahrt zurück in die Heimat ging, nutzte die Gruppe den Vormittag, um sich die Stadt Passau noch etwas näher anzuschauen. So bestand Gelegenheit sich den Dom, den Marktplatz oder auch die Universität anzuschauen. Allerdings hielt sich die Erkundungslust aller Teilnehmer eher in Grenzen, was auf die ausgiebigen Regenfälle zurückzuführen war. Kurz vor der Abfahrt entschloss sich die Gruppe aber noch, eine Bootstour, genauer eine „Dreiflüsse“ – Stadtrundfahrt zu unternehmen und vom Wasser aus noch einen letzten Blick auf Passau zu werfen. So verbleiben nach diesem Wochenende alle Teilnehmer der Bildungsfahrt des Jugendforums „Grenzgänge“ mit einer Menge neuer, interessanter und nachhaltiger Eindrücke, Erfahrungen und neuen Erkenntnissen, wobei auch der Spaßfaktor über das Wochenende hinweg, dank einer aufgeweckten, sympathischen Teilnehmergruppe nicht zu kurz kam. Somit kann auch die diesjährige Bildungsfahrt wieder als ein tolles Erlebnis verbucht werden.

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