Der Laie staunt, der Fachmann wundert sich

Sitzungen des Haupt- u. Finanzausschusses werden normalerweise nicht als Plattform genutzt um über die bautechnischen und sicherheitstechnischen Zustände städtischer Immobilien zu diskutieren. In Babenhausen ist dies aus aktuellem Anlass mittlerweile anders.

War es bereits eine solche Ausschusssitzung im Januar dieses Jahres, die die katastrophalen brandschutztechnischen Zustände in den Hallen Sickenhofen und Hergershausen zutage förderte und thematisierte, konnte sich der staunende Laie wie auch der interessierte Fachmann während der öffentlich tagenden Sitzung des Haupt-u. Finanzausschuss am 28. September 2017 nun erneut überrascht die Augen reiben und sich über das Gehörte wundern.
Da der Ausschussvorsitzende das Thema Brandschutz der Hallen Sickenhofen und Hergershausen aus aktuellem Anlass mittlerweile zum Standardpunkt auf der Agenda gemacht hat, wurde auch dieses Mal der  bauliche und brandschutztechnische Zustand beider Hallen erörtert und über die Zwischenstände der eingeleiteten bzw. vorgesehenen Maßnahmen berichtet.  
So wurde berichtet, dass die „verschollene“ Ur-Baugenehmigung der Halle in Hergershausen nach wie vor unauffindbar zu sein scheint, man bei der Suche nach der Baugenehmigung für die Halle in Sickenhofen nach monatelanger Suche nun aber endlich fündig geworden sei.
Eigenartige Dinge fänden sich in dieser Baugenehmigung, wurde den Anwesenden mitgeteilt. So sei der Einbau von Holzvertäfelungen laut Baugenehmigung aus Brandschutzgründen generell und ausdrücklich untersagt gewesen. Wie man vor Ort jedoch sehen kann, wurden genau solche Holzvertäfelungen aber in großem Umfang eingebaut. Aus brandschutztechnischer Sicht ein nach wie vor ernstes und bisher nicht gelöstes Problem.
Weiterhin war zu erfahren, dass in der Halle Sickenhofen zur Vorbereitung eines sogenannten E-Checks (Überprüfung der elektrischen Anlagen) eine Begehung mit einem Sachverständigen stattgefunden hat. Dabei sei festgestellt worden, dass sich Elektroverteilungen und Elektrokabel in einem so schlechten Zustand befinden, dass der geplante E-Check sinnvoll überhaupt nicht durchgeführt werden kann ohne vorher für teures Geld (ca. 10 TEUR) die Anlagen zumindest für den Check vorzubereiten. Die Kosten für die eigentlichen Instandsetzungsmaßnahmen der elektrotechnischen Anlagen seien da noch gar nicht eingerechnet. Diese wurden nach vorsichtigen und vorläufigen Schätzungen mit mindestens 50 TEUR angegeben. Und auf was man noch so alles stößt, wenn man „hinter die Kulissen“ geschaut hat, wird sich erst noch zeigen.
Im weiteren Verlauf der Begehung, so wurde berichtet, stieß man dann auch noch auf verbrannte bzw. von außen „angekogelte“ Elektrokabel sowie auf überbrückte Fehlerstromschutzschalter (FI)!
Um die Brisanz und Tragweite dieses „(Be-)Fundes“ zu verstehen sei für den elektrotechnischen  Laien kurz erwähnt, dass FI-Schutzschalter im Wesentlichen eingesetzt werden um Isolationsfehler an Elektroleitungen und elektrischen Geräten zu „erkennen“ und Personen vor möglichen lebensgefährlichen Stromschlägen dadurch zu schützen indem der betroffene Stromkreis in einem solchen (Fehlerstrom-)Fall sofort! abgeschaltet wird. Es leuchtet sicherlich Jedem ein, dass auch eine noch so gut gemeinte Brandwache hier niemals eine Lösung für dieses Elektroproblem sein kann.  
Wegen seiner „Fähigkeit“ Isolationsprobleme an elektrischen Anlagen, Geräten und Kabeln zu „erkennen“, werden FI Schutzschalter als wichtige Komponenten für den vorbeugenden Brandschutz genutzt und eingesetzt.  
Wenn man nun, weil vielleicht das dauernde fehlerbedingte Abschalten des Schutzschalters in der Vergangenheit nervte, diesen so wichtigen Schutz durch Überbrücken unwirksam machte anstelle die defekten Kabel und Geräte zu tauschen bzw. den Fehler zu beheben, handelte  man m.E. grob fahrlässig und nahm damit mögliche Personen- und Sachschäden billigend in Kauf.
Auf die an diesem Abend von mir gestellte Frage, ob die (gesetzlich) vorgesehenen regelmäßigen Überprüfungen der elektrischen Anlagen denn nicht durchgeführt wurden (man hätte  die Probleme sonst wohl schon frühzeitig erkennen können), erfuhren die erstaunten Zuhörer, dass in den jeweiligen Haushalten Mittel dafür zwar eingestellt waren, diese Überprüfungen aber aus Kostengründen dann doch nicht durchgeführt wurden. Auch auf meine Frage wann denn die letzte Überprüfung der E-Anlagen stattgefunden hat, erhielt ich keine Antwort. Das ist in der Tat erstaunlich!
Wie eine solche Situation entstehen konnte und ob die Verantwortlichen und Die, die diese Halle(n) all die Jahre für die Nutzung freigegeben und zur Verfügung gestellt haben etwas darüber wussten, wurde an diesem Abend nicht erörtert. Ob die Stadtverordneten (zumindest die, die sich dafür entschieden) bei Ihrer Entscheidung die Hallen für die fast uneingeschränkte Nutzung wieder freizugeben um diese Zustände wussten, darf bezweifelt werden.  
Ob sie wohl genauso entschieden hätten, wenn sie über die vorgefundenen Zustände vorher informiert gewesen wären? Wie würden sie heute, in Kenntnisse dieser Zustände, entscheiden?
Vielleicht gibt es ja doch noch Jemand, der die Frage nach der Nutzung unter diesen Voraussetzungen erneut stellt. Denn, bei allem formalen Aktionismus, praktisch und baulich umgesetzt wurde bisher so gut wie nichts. Und das seit Beginn dieses Jahres!
    

Wolfgang Heil, Babenhausen

 

Kommentare

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.
CAPTCHA
Diese Frage hat den Zweck zu testen, ob Sie ein menschlicher Benutzer sind und um automatisierten Spam vorzubeugen.
13 + 3 =
Lösen Sie diese einfache mathematische Aufgabe und geben das Ergebnis ein. z.B. Geben Sie für 1+3 eine 4 ein.
14. Oktober 2017 - 03:40

Schade, dass sowas nicht in jeder Zeitung zu lesen ist

Vielleicht sollten mal ein paar gute investigative Journalisten recherchieren (wie heißen diese TV-Formate noch? Akte, Report, Panorama, etc.) dann kämen sicher mal ein paar Leute arg ins Schwitzen statt den Mund aufzureißen. Und vielleicht wird dann mal gehandelt.

12. Oktober 2017 - 12:55

Der Fachmann wundert sich in Babenhausen über nichts mehr

Sehr geehrter Herr Heil, das ist vorgezogener Wahlkampf und das was sie schreiben kann nicht der Wahrheit entsprechen. Denn das Stadtverordnete und speziell die aus Hergershausen und Sickenhofen, jahrelang das Leben ihrer Bürger vorsätzlich auf Spiel setzten, nein, so etwas ist eine bösartige Unterstellung.

13. Oktober 2017 - 10:46

Fachmann wundert sich erneut

endlich kommt Bewegung in die Sache. Wenn auch nur drei Kommentare.
Es ist aber bestimmt kein Bewohner aus Hergershausen oder Sickenhofen dabei.

Vielleicht sollten sie den Kommentar genau lesen. Kein Wort das Herr Heil lügt.
Sondern das was Herr Heil schreibt, es eigentlich nicht geben kann!!

Vielleicht sollten sie sich mehr mit der Aussage beschäftigen, das Stadtverordnete jahrelang das Leben ihrer Bürger auf Spiel setzten. Sollten sich nicht diese Personen schämen? Lieber sollte sich jemand schämen der die Aussagen von Herrn Heil
in Frage stellt, da die geschilderten Tatsachen nicht nachvollziehbar sind und nie passieren dürften.

Vielen Dank Herr Heil für diesen Artikel, bleiben sie dran, solche Stadtverordnete brauchen wir, legen sie die Finger in die Wunden. Leider interessiert das aber die wenigsten Babenhäuser.

12. Oktober 2017 - 22:10

Mit Verlaub, er hat Recht!

Herr Heil trifft es sehr gut auf den Punkt. Wenn Sie z. B. Unternehmer sind und ein Revisionsingenieur einer BG oder Kontrolleure der Gewerbeaufsicht auf solche Zustände treffen, so sehen Sie sich zu Recht genau solchen Vorwürfen ausgesetzt. Nur dass da nicht lange gefackelt wird und aus den Ihrer Ansicht nach „bösartigen Unterstellungen“ ganz zackig Maßnahmen generiert werden, die jeden noch so renitenten Realitätsverweigerer zum Handeln zwingen. Das ist Fakt und kein Wahlkampf.

12. Oktober 2017 - 21:56

Denunzieren

Lieber Gast. Zuerst einmal finde ich den Leserbrief von Herrn Heil sehr sehr interessant. Es ist überlegt geschrieben, keinesfalls denunzierend sondern einfach nur aufklärend. Ich kann mir nicht vorstellen das Herr Heil sich das irgendwie zusammen gereimt hat,dafür ist der Brief zu gut verfasst. Und jetzt zu Ihnen lieber Gast, Sie sollten sich schämen. Sie unterstellen hier einem Mitbürger das er lügt. Fertig. Scheinbar sind Sie so ein Zeitgeist der alles was ihm nicht passt,einfach denunziert bzw. versucht mundtot zu machen. Liefern Sie Beweise das Herr Heil die Unwahrheit geschrieben hat.

12. Oktober 2017 - 17:01

Der Fachmann staunt

Sehr geehrter Gast,

wenn sie meinen Leserbrief sorgfältig lesen, stellen Sie fest, dass es die von Ihnen befürchtete Unterstellung von mir gar nicht gibt. Bezüglich Ihrer Vermutung, dass das Ganze vorgezogener Wahlkampf sei, kann ich Sie beruhigen. Ich habe diesen Leserbrief als Privatperson geschrieben. Das hat mit dem Verein der FWB nicht das Geringste zu tun. Der BZ gegenüber habe ich das zusammen mit meinem Leserbrief schriftlich genauso bestätigt.
Aber zum Schluss noch eine Anmerkung zu dem eigentlichen Sachverhalt: Die Zustände in den Hallen wurden ja nicht von mir sondern von Gutachtern und Sachverständigen im Rahmen von Begehungen festgestellt. Das bedeutet, dass diese Probleme real sind. Und es bedeutet, dass man die Frage zulassen muss, wie es sein kann, dass solche Zustände entstehen konnten und offensichtlich die ganze Zeit toleriert wurden. Wenn Sie nun meinen, dass das was festgestellt und berichtet wurde nicht der Wahrheit entsprechen kann, dann fragen Sie doch Diejenigen, die die Probleme aufgezeigt haben.
W. Heil

15. Oktober 2017 - 20:21

Der Fachmann staunt

In der Stadtverordnetenversammlung am 20.02.2017 wurde folgendes beschlossen: „Der Magistrat wird aufgefordert, die MZH Sickenhofen sowie das Bürgerhaus Hergershausen unverzüglich und so lange zu schließen oder die Schließung zu veranlassen, bis die sichere (auch eingeschränkte) Nutzung der Objekte wieder möglich ist und dies v o r erneuter Nutzung gutachterlich nachgewiesen wurde“. Interessant war anl. dieser Stadtverordnetenversammlung die namentliche Abstimmung (hierzu verweise ich auf die entsprechende öffentlich zugängliche Sitzungsniederschrift im Internet): Nur 13 Stadtverordneten stimmten für die Vorlage bzw. für die Schließung der Hallen, 10 Stadtverordnete nahmen an der Abstimmung nicht teil, 2 Stadtverordnete enthielten sich und 9 Stadtverordnete stimmten gegen die Drucksache bzw. gegen die Hallenschließung (u.a. die Ortsvorsteher aus Hergershausen und Sickenhofen??). Mit Entsetzen habe ich anhand des Leserbriefes von Herrn Heil erfahren, dass nun nach nahezu 8 Monaten immer noch kein Handeln der politisch Verantwortlichen festzustellen ist. Es ist meiner Meinung nach verantwortungslos und unvertretbar, diese aufgezeigten Mängel in erwähnten Hallen einfach zu ignorieren. Wie lange soll dieses Problem noch auf die lange Bank geschoben werden? Herr Heil, bleiben Sie bitte am Ball und lassen Sie nicht locker. Seien wir doch froh und dankbar, dass bisher nichts passiert ist, und dass auf den „Verantwortlichen“ nicht die Last der „Schuldigen“ haftet.



X