Boßwenhain: Unverhältnismäßiger Einfluss auf die ehrenamtlichen Politiker

Mit der möglichen Entwicklung des Gebietes „Boßwenhain“ gehen unschöne Geschehnisse einher, dies konnte man bei der Sitzung des Bauausschusses am 15. Januar vernehmen. Eine Reaktion auf diese „Begleitumstände“ war die persönliche Stellungnahme von Ingo Rohrwasser (CDU), Vorsitzender des Finanzausschusses, zu Beginn der FA-Sitzung (17.). Er habe ein großes Unbehagen über den unverhältnismäßigen Einfluss, der hier über „alle Kanäle“ auf die ehrenamtlichen Politiker unserer Stadt genommen wird.

Was war geschehen? Als zu Beginn der Bauausschusssitzung der erste Stadtrat, Reinhard Rupprecht, in Vertretung des erkrankten Bürgermeisters vorschlug die Drucksache „Boßwenhain“ zurückzustellen „um eine weitere Überarbeitung vorzunehmen“ stieß er auf breiten Widerstand. Die „Sache soll heute besprochen werden“ formulierte ein Stadtverordneter. Man spürte, nicht nur den Ausschussmitgliedern „brannte es unter den Nägeln“.
Wolfgang Heil (FWB) äußerte in diesem Zusammenhang seine Sorge, dass Drucksachen immer wieder und wieder verschoben werden „diese bereits seit 20 Jahren“. Eine Aussage, die der erste Stadtrat so nicht stehen lassen konnte und auf eine Ausarbeitung verwies, die den chronologischen Verlauf des Gebietes „Boßwenhain“ darlegt. Günther Eckert (CDU) ging auf die „Rahmenbedingungen“ der Drucksache ein. Diese würde sich langsam zu einem Possenspiel entwickeln. Die Drucksache „Boßwenhain“ wäre hochgekocht und man versuche die ehrenamtlichen Politiker „wie ´ne Sau durchs Ort zu treiben“. Mit zwei zu fünf Stimmen votierten dann die Ausschussmitglieder für den Verbleib der Drucksache auf der Tagesordnung.
Die Aussprache zur Drucksache startete dann ab etwa 21.30 Uhr mit der Begründung des CDU-Änderungsantrages zum „Boßwenhain“. Günther Eckert stellte die „Aufteilung in vier Teilbereiche“ vor und die „nach unserer Meinung, in die heutige Zeit“ passenden Vorschläge. Eine Entscheidung über den ersten Teilbereich (Verbrauchermarkt) solle nur einvernehmlich mit der Konversionsgesellschaft Kaserne Babenhausen getroffen werden. Der zweite Teilbereich (ehemaliges Iroplastic-Gelände) solle für eine Bebauung mit einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan entwickelt werden. Für die Teilbereiche drei und vier (weitere Wohnbauflächen) sehe man keinen Bedarf. In seinem Wortbeitrag ging Eckert auch auf die Überarbeitung des Flächennutzungsplanes, die Entwicklung der Innenbereiche (teilweise enormer Leerstand), die Verkehrsproblematik und den Investitionsstau (Brücken, Kanal, etc.) ein.
Manfred Nodes (Die Grünen) sieht die Priorität der Stadtentwicklung in Babenhausen auf dem ehemaligen Kasernenareal „Kaisergärten“, dies sei eine riesige städtebauliche Herausforderung. Daher sehe man die Bereiche eins und zwei als perspektivisch an und bei den Teilbereichen drei und vier aktuell keinen städtebaulichen Bedarf. Im Hinblick auf die zahlreichen Einwendungen eines Bürgers „durchaus unübliches Vorgehen“ solle man in der Öffentlichkeit klar machen, dass hier ein Einzelwohl zum Gemeinwohl stilisiert werde.
Wolfgang Heil (FWB) sah die Situation aus einer anderen Perspektive. Man könne die Grundstückseigentümer nicht 25 Jahre im Unklaren lassen. Der Vorgang würde „immer weggeschoben“ und die Eigentumsrechte dadurch eingeschränkt. Er appellierte an den Magistrat „machen Sie ganz einfach ihren Job und setzen den beschlossen Bebauungsplan um“. Der erste Stadtrat Rupprecht entgegnete, dass man voll Willens war den Bebauungsplan umzusetzen, dies sei allerdings an den Grundstückseigentümern gescheitert. Abermals verwies er auf den chronologischen Verlauf des „Boßwenhain“.
Als langjährig aktiver Kommunalpolitiker verdeutlichte Horst Grimm (CDU) einige Sachverhalte zum „Boßwenhain“. Die damalige Entwicklung sei damals genau von den Leuten zum Scheitern gebracht worden, die heute so einen Druck ausüben. In dreißig Jahren Kommunalpolitik habe er eine solche Vorgehensweise noch nicht erlebt.
Anja Geißler (FDP) ging nicht auf die Vergangenheit ein, sondern sah die Notwendigkeit das Vorhaben zu realisieren, jetzt da ein Bauträger das Projekt umsetzen wolle. Auch die Freien Demokraten sprachen sich für die Teilbereiche eins und zwei aus, den Teilbereichen drei und vier könne man nicht zustimmen.
Adolf Breer (SPD) sah zwar den Bedarf von bezahlbaren Wohnungen, aber nicht im „Boßwenhain“. Ihm gehe die Umwid- mung von Ackerland in Baugebiete langsam zu weit und er wolle auch noch etwas Grünes in Babenhausen sehen. Breer ging ebenfalls auf die Vorgehensweise von Eigentümern ein, die nun das Projekt unbedingt umsetzen wollen, obwohl die damalige Entwicklung durch sie gescheitert sei. Manfred Nodes (Die Grünen) bestätigte, dass damals der Bebauungsplan „Boßwenhain“ im Konsens mit den Eigentümern nicht umsetzbar war.
Über den „Unerträglichen und unsäglichen Druck auf Stadtverordnete“ sprach Manfred Willand (FDP). Man werde jeden Tag „beackert“, das könne so nicht weitergehen. Willand verwies beim Wohnbedarf darauf, dass bezahlbarer Wohnraum fehle und man den sozialen Wohnungsbau bräuchte. „Immer nur mehr, mehr, mehr“ Flächen zu entwickeln könne nur im Einklang mit den Themen Verkehr, Kindertagesstätten, Schulen und Feuerwehr vorgenommen werden.
Ob ein möglicher Regressanspruch entstehen würde falls das Bauvorhaben „Boßwenhain“ nicht realisiert würde konnte an diesem Abend nicht geklärt werden. Womöglich steht hier ein (jahrelanger) Rechtsstreit im Raum. Dies könnte nicht der einzige Rechtsstreit sein, denn bereits das Abstimmungsverhalten eines CDU-Stadtverordneten in der letzten Stadtverordnetenversammlung hat einen Grundstückseigentümer veranlasst juristische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Der Bürger sah einen Interessenwiderstreit, den die Kommunalaufsicht allerdings nicht sieht. Die Fachbehörde mit ihren Experten im Verwaltungsrecht sah keinen Widerstreit der Interessen, das Abstimmungsverhalten sei rechtlich nicht zu beanstanden.
Nach der etwa einstündigen Aussprache votierten die vier Ausschussmitglieder von CDU, FDP und Die Grünen für den CDU-Antrag, die drei Vertreter von SPD und FWB stimmten dagegen. Die Drucksache „Boßwenhain“ steht in der kommenden Sitzung der  Stadtverord- neten (31.) erneut auf der Tagesordnung.        hz

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