Kirchen-Kabarret-Festival in Babenhausen: Wenn der Hesse sich mitteilt, dann auf direkte, manchmal etwas irritierend herbe Art

Walter Renneisen, Schirmherr des achten Pfarrer-Kabaretts, trat am Wochenende zweimal vor ausverkauftem Haus auf.

Der hessische Dialekt ist enorm variantenreich, mitunter schwer- bis vollkommen unverständlich und - das vielleicht wichtigste - er ist ein Stück Heimat, ganz egal, wo auf der großen, weiten Welt man sich gerade aufhält.

Als Walter Renneisen - Schirmherr des dreitägigen, von der evangelischen Kirchengemeinde Babenhausen organisierten Kirchen-Kabarett-Festivals - am Wochenende in zwei ausverkauften Vorstellungen in der Babenhäuser Stadthalle davon erzählte, wie er bei einem Besuch in Kanada einen Südhessen traf („Plötzlich gab es in der kanadischen Provinz zwei Quadratmeter Raunheim“), nickten viele im Publikum. Denn sie empfanden dasselbe wie Renneisen, wenn er erzählte, dass der hessische Dialekt vertraut und wohlklingend sei, obwohl man ihn in Wahrheit mit dem Geräusch vergleichen könne, das entsteht, wenn Luft aus einem Fahrradreifen entweicht.
Der Theaterschauspieler und Kabarettist beeindruckte nicht nur mit originellen Wortspielen und einem feinen Gespür für die Besonderheiten der unterschiedlichen Mundarten von Süd- bis Oberhessen. Walter Renneisen imponierte zudem mit enormem musikalischem Talent - seine Darbietungen begleitete er selbst auf Tuba und Blockflöte, mit Cello und Ukulele. Damit unterstrich er den melodischen Charakter des hessischen Gebabbel.
Die Gäste erfuhren außerdem vieles über ihre Vorfahren, die als streitlustig und wehrhaft bekannt waren. Woher der Name „Hesse“ genau kommt, ist zwar nicht endgültig geklärt, dass die Hessen aber schon vor Jahrhunderten dadurch auffielen, dass sie nicht viele Worte verlieren, gilt als gesichert. Wenn der Hesse sich mitteilt, dann auf direkte, manchmal irritierend herbe Art.
Walter Renneisen machte dies mit einigen Anekdoten bildhaft, darunter die eines Mannes, der zum Lebensretter seines Sohnes ging, um - nein, nicht um sich zu bedanken, wie man annehmen sollte. Vielmehr soll sich der Dialog so abgespielt haben: „Sie habbe doch letzte Woch´ meinen Sohn aus dem Main gefischt?“ - „Ja, das stimmt!“ - „Und?! Wo is´ seine Kapp´?“
Clajo Herrmann und Hans Greifenstein als „Erstes allgemeines Babenhäuser Pfarrerkabarett“ trafen nach der Pause auf ein gut gelauntes, auf ihr Programm optimal eingestimmtes Publikum. Sie versuchten sich - natürlich in hessischem Dialekt - an der Beantwortung kirchlicher und weltlicher Fragen, die sich oft gar nicht so sehr unterscheiden.
In der Politik werde gern und oft von Reformen gesprochen, die Kirche hat ihre Reform schon vor 500 Jahren gemacht. „Dazu will uns die Politik sogar einen eigenen Feiertag spendieren“, so Greifenstein. Leider Ende Oktober: „Da ist doch garantiert wieder Scheiß-Wetter!“ Nach 500 Jahren sei es ohnehin Zeit für eine Reform der Reform; die evangelische Kirche 2.0 müsse her. Um auch die Jugend anzusprechen könne man das Projekt „Kirche reloaded“ nennen.
Die beiden Theologen zeigten sich gewohnt selbstironisch, setzten sich mit der katholischen und evangelischen Kirche sowie Glaubensfragen ebenso kritisch auseinander wie mit Politik und Gesellschaft. Hier wie dort gebe es eine Monarchie, ein Begriff, der in Wahrheit mit „sch“ geschrieben werde, weil, so Clajo Herrmann, einer allein zu lange mit seinem Hintern auf dem Regierungssessel sitzt.
Clajo Herrmann trat am zweiten Kabarettabend noch einmal solo als „Hochleistungszweifler“ auf, im Anschluss an Johannes Scherer, der Vielen als Radiomoderator bekannt ist, sich aber auch gern Überlegungen widmet, wie der, ob man auch ohne Hilfe des Navi mit dem Auto den Weg in den Fluss gefunden hätte.   mel

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