Kerb in Harpertshausen: Hier hat der Kerbumzug noch richtig Schwung

Unüberhörbare, fetzige Musik ruft alle Teilnehmer zum Aufstellplatz, wo sich mit „TNT-Powerload“ ein kleiner, aber flotter Kerbumzug formiert. Mit reichlich Flüssignahrung versorgt haben sich die 7 Kerbburschen und -Mädels samt Kerbstoffel an die Spitze gesetzt. An der Frontgabel baumelt der festlich geschmückte Kerbkranz und die Kerbmudder Larissa Dreizehner trägt die Kerblatte mit, die bei der Suche nach der Kerb später noch beste Dienste leisten musste.

Die 10 „Kojoten“ auf dem nächsten Wagen haben sich fürs kommende Jahr sogar eine Weltreise vorgenommen und in Mexiko wollen sie beginnen, wofür sie schon mal Landestracht angelegt haben, oder was sie dafür halten.
Ein Jubiläum wird auf dem nächsten Gespann begossen, denn vor 35 Jahren haben die „Ehemaligen Kerbburschen von 1983“ die Kerb in ihrer heutigen Form wieder zum Leben erweckt, nachdem viele Jahre vorher nichts veranstaltet wurde. Ganz in lila leuchteten sie mit der Sonne um die Wette.
Auch die „Glorreichen Acht“ ließen sich eine Teilnahme nicht nehmen, wenn sie auch nicht ganz vollzählig waren. In einem so kleinen Ort bleibt es nicht aus, dass manch Einer in zwei oder sogar drei Gruppen mitlaufen könnte und sich dann eben für eine entscheiden muss.
Die „Skifreunde Harpertshausen“ sehen den Kerbumzug als Startschuss in die Wintertrainingssaison und holten schon mal ihre Outfits raus, die sie witterungsgemäß etwas modifizieren mussten. Im Februar geht es dann wieder gemeinsam in die Berge zum Skifahren, aber den ersten Kantenschliff bekamen die Gleiter auf dem Asphalt in Harpertshausen.
Als Fußgruppe ließ es sich die Feuerwehrjugend nicht nehmen, Gutzerle ins junge Volk am Straßenrand zu werfen und auch mächtig die Werbetrommel für ihren Verein zu rühren. Ein englischer schnittiger Oldtimer fuhr mit Enkelkindern im Umzug mit und gab gutgelaunt ein prächtiges Motiv ab.
Mit nur sieben Zugnummern verstanden es die Teilnehmer hervorragend, ein unterhaltsames Lindwürmchen durch die Straßen zu schicken. Mit dem Abschuss von Leuchtkugeln war jedem in Harpertshausen klar, dass es los ging und es gab reichlich Zuschauer am Wegesrand. Laute Partymusik begleitete die Feiernden bei ihrem Zug und brachte alle Umstehenden ebenfalls in Schwung. Unterwegs wurde die Kerb in Form einer Sektflasche tatsächlich gefunden. Dazu wurde von den Kerbburschen und -Mädels regelmäßig die Kerblatte gelegt und abgeschritten.
Nach weit über einer Stunde kamen alle am DRK-Heim an und nun wartete man gespannt auf die Kerbrede, denn in diesem Dorf lacht man gerne und auch mal über sich selbst. Die von Larissa Dreizehner in perfekter Mundart vorgetragene Rede war gespickt mit Episoden aus dem Dorfleben des letzten Jahres und wenn sie auch mal deftig zur Sache kam, hob das die allgemeine Stimmung. Am Ende jeder Geschichte wurden die Protagonisten mit Geschenken bedacht, damit ihnen dieses Missgeschick nicht noch einmal passieren würde. Es in die Kerbrede zu schaffen, ist auch eine Sache der Ehre und nimmt den Ernst aus so mancher Situation. Da geht schon mal ein Suffbruder verloren und findet sich am nächsten Tag auf dem Darmstädter Bahnhof wieder, statt im heimischen Bette. Ein Liebespärchen schließt sich auf dem eigenen Balkon aus, als es romantisch den Blutmond betrachten will, eine Mutter kämpft mit den Tücken eines Navis, das mit der Eingabe von identischem Ziel und Start nichts anfangen kann und die Kerbmudder selbst steht zu nächtlicher Stunde einer erstaunten Mutter im Keller gegenüber, als sie deren Sohn heimgebracht hatte. Es werden Blasenpflaster, Landkarten, Pampers und Klopapier unter schallendem Gelächter verteilt und wer kein Spaßverderber sein will, lacht besser mit über seine eigene Dabbigkeit.
Die launige Rede ist mit etlichen Liedchen durchzogen und am Schluss wird der Kerbkranz am DRK-Heim gehisst und ein Weinglas zerdeppert, denn „wenn dieses Gläschen nicht zerbricht, dann taugt die ganze Kirchwei nicht!“
Der Sonntag ist definitiv der Haupttag der Kerb, aber schon am Freitag wurde die Kerb im Feuerwehrhaus angestochen. Samstags wurde ebenfalls am Abend gefeiert und am Montag unterhielt der „Happyman“ aus Babenhausen die Kerbgäste. Am Dienstag wurden dann die Birken, die am Wegesrand gestellt waren, wieder eingesammelt und man traf sich hinterm DRK-Heim zum Verbrennen des Kerbstoffels. Hier werden Traditionen voll ausgelebt: „gemeinsam wolle mer feiern, des is klor, denn oamol nur is Kerb im Joahr!“ So klang es am vergangenen Wochenende durch den kleinen Ort.    kb

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