Wanderklub „Berg auf Babenhausen”: 34. Frauenwanderung ins Ruhrgebiet

Gespannt lauscht die Frauengruppe den Erklärungen zum letzten noch bestehenden Bethaus der Bergleute im Ruhrgebiet. Hiernach ging es in den Garten des Bethauses zur ersten Rast.

Weder New York noch London oder Berlin sind so facettenreich wie das Ruhrgebiet. Das Land von Kohle und Stahl befindet sich auf dem Weg in eine hochinteressante Zukunft. Hierhin führte die diesjährige, 34. Frauenwanderung des Wanderklubs „Berg auf“. Ein entsprechend interessantes Programm wartete auf die 45 Teilnehmerinnen der Tour.

Gestartet wurde auf der Zeche Nachtigall am Eingang des Muttentals in Witten. Hier wurde die Pionierzeit des Steinkohlebergbaus lebendig. Ausgerüstet mit einem Helm ging es unter Tage „vor Ort“, an einen echten Abbauflöz. Liegend wurde hier die Kohle in einem nur 60 cm hohen Flöz abgebaut. Sehr deutlich wurde die lebensgefährliche Arbeit der Bergleute. Einige Teilnehmer blieben lieber an der Oberfläche und besichtigten die Außenanlage dieser ersten größeren Zeche mit dem ersten Tiefbauschacht an der Ruhr.
Von hier aus ging es in der Historie noch ein wenig zurück in das 16. Jahrhundert. Eine Wanderung auf dem wunderschönen Bergbau-Rundweg Muttental, der Wiege des Bergbaus. Hier tritt die Steinkohle durch Erdverwerfungen direkt an die Oberfläche und der Steinkohlebergbau hatte hier 1578 seinen Anfang. Waagerechte Stollen wurden in die Hänge getrieben, um an die Kohle zu kommen. Rund 60 dieser Kleinstzechen waren hier einmal in Betrieb. Viele Mundlöcher dieser Zechen sieht man noch auf diesem einzigartigen Wanderweg. Besichtigt wurde auch das „Bet-haus der Bergleute“. Hier beteten die Bergleute bevor sie in den Berg gingen und dankten, wenn sie wieder aus dem Berg kamen. Es ist das letzte erhaltene Bethaus des Ruhrgebiets. Hier wurde auch die erste Rast der Wanderschar eingelegt und im Freien wurden Getränke und mitgebrachte Speisen genossen. Den Abschluss der Tageswanderung bildete der Besuch der Shona-Ausstellung im Schloss Steinhausen. Bildhauer aus Zimbabwe arbeiten hier und zeigen ihre zeitgenössische Kunst aus Serpentinstein. Von hier aus ging es mit dem Bus quer durch das Ruhrgebiet zum Hotel „Kuhn“ in Mülheim an der Ruhr. Nach dem Einchecken und dem sich Frischmachen traf sich die Gruppe zu einem gemeinsamen gemütlichen Abendessen im schönen Restaurant „Distel“ des Hotels.
Am nächsten Morgen ging es nach einem ausführlichen Frühstück zur einstmals modernsten, größten und schönsten Zeche der Welt, der Zeche Zollverein in Essen. Zeche und zugehörige Kokerei sind schon viele Jahre UNESCO-Welterbestätte. Hier wurden einst täglich 12.000 Tonnen Kohle gefördert, aufbereitet und zu Koks verarbeitet. Ein Rundgang über das Kokereigelände zeigte die gigantische Koksofenanlage mit über 400m Länge, sowie die noch erhaltenen Betriebe zur Weiterverarbeitung des beim Koksprozess entstehenden Rohgases. In 3 Gruppen aufgeteilt, ging es danach mit hochmotivierten Führern entlang dem Weg der Kohle, von der Förderung bis zur Kohlenwäsche. Vom Dach der Kohlenwäsche konnte man einen weiten Blick über das inzwischen grüne Ruhrgebiet werfen. Hochinteressant, überwältigend, gigantisch, imposant fanden die Frauen diese Gesamtanlage. Das Mittagessen wurde im Restaurant Kokerei, einer alten Werkshalle, auf dem Zechengelände eingenommen. Wie es sich gehört, ein uriges Bergarbeiteressen bestehend aus Kartoffelsuppe mit Wurst und Lachs. Nach dem Essen ging es mit dem Bus an die Badewanne des Ruhrgebiets, dem Baldeneysee. Vor 80 Jahren wurde hier die Ruhr gestaut um die Trinkwasserversorgung des Reviers zu sichern. Heute ein willkommenes Geschenk für Wassersportler und Erholung Suchende. Eine rund 7 km lange Wanderung direkt am Wasser entlang zeigte diese landschaftlich besonders reizvolle und grüne Seite des Reviers.
Der Abend war reserviert für den bei Frauenwanderungen unverzichtbaren „bunten Abend“. Zum Start gab es ein Glas Sekt im Hotelrestaurant. Nach dem gemeinsamen Abendessen sorgte dann eine „Frauenband“ auf ihren Luftpumpeninstrumenten und eine Sketchdarbietung im Babenhäuser Platt für reichlich lustige Unterhaltung.
Für den nächsten Tag stand nach Kohle und Koks logischerweise Eisen und Stahl auf dem Programm. Entsprechend ging es in die Stahlstadt Duisburg und dort zu einem stillgelegten Hüttenwerk. Auch hier kam die Frauenschar aus dem Staunen nicht heraus. Drei riesige Hochöfen mit ihren Gebläsehallen, Bunkern und Nebenbetrieben sind im Industriepark Duisburg-Nord noch vollständig erhalten. In drei Gruppen wurde die riesige Außenanlage mit fachkundigen Führern besichtigt und von ihnen sehr detailliert erklärt. Ein Hochofenanstich mit seinen Temperaturen von über 1500°C und seinen Gefahren durch das flüssige Eisen wurde bei den Erklärungen förmlich gespürt. Einen großen Teil der riesigen Gesamtanlage überlässt man bewusst der Natur und so entwickelt sich hier etwas ganz Neues aus alter Industrie, Natur, Kultur und Kunst. Nach dem Rundgang ging es in das Restaurant „Hauptschalthaus“ auf dem Hüttengelände zum gemeinsamen Essen. Es folgte eine Wanderung entlang des Rhein-Herne Kanals zum Gasometer, einen der außergewöhnlichsten Ausstellungsorte Europas, nach Oberhausen. Neben dem Förderturm der Zeche Zollverein ist der Gasometer das Wahrzeichen der Region. Vom Dach des Gasometers in 117 Meter Höhe hatten die Teilnehmer einen grandiosen Blick auf das westliche Ruhrgebiet.
Kultureller Höhepunkt der Frauenwanderung bildete dann die Ausstellung „Der schöne Schein“ über die Schönheit des Menschen, der Natur und des Paradieses. Über 200 großflächige Fotografien und Abgüsse der größten Meisterwerke der Kunstgeschichte beeindruckten die Besucher. Verbunden ist diese einmalige Ausstellung mit der weltweit größten Illumination. Auf der über 100 Meter hohen Innenwand erfolgt ein permanentes Wechselspiel des Lichts. Ein kurzer Rundgang durch die „Neue Mitte“ schloss die dreitägige Reise der Frauen durch rund 500 Jahre Industriegeschichte und die Epoche von Kohle und Stahl ab.   (Text/Fotos: Wk)

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