Karnevalabteilung TSV Langstadt: 17. Grenzgang trotz durchwachsenem Wetter ein großer Erfolg

Frank-Ludwig Diehl erzählt Wissenswertes über die Natur und die Geschichte Langstadts, bevor es in den Wingert geht.

Trotz Nieselregen sammelten sich am Tag der Deutschen Einheit rund 120 Langstädter und an Langstadt interessierte Auswärtige auf dem Platz vor der Kirche. Peter Scheer, der Leiter der Karnevalsabteilung des TSV Langstadt und sein Vertreter Michael Salzner begrüßen die witterungsgemäß gut ausgerüsteten Mitläufer und pünktlich um 13:30 Uhr geht es los Richtung Wingert.

Beim ersten Stopp, auf der Anhöhe kurz vor dem Eintritt in die Obstwiesen, spricht Frank-Ludwig Diehl über die „Burg um Langstadt“, die zu den Sagen Langstadts gehört, da sie in Urkunden um 1400 zwar erwähnt wird, aber nirgends Genaueres zu erfahren ist, wer denn eigentlich da residierte oder zu welcher Zeit. Als Ortsangabe diente „die Burg“ jedoch lange Zeit in verschiedenen Schriften.
Der Wingert bezeuge den von den Römern mitgebrachten Weinbau, der von den Langstädtern weitergeführt wurde, bis im 18. Jahrhundert die aus Übersee eingeschleppte Reblaus 1907 zur endgültigen Aufgabe des Weinbaus führte. Der felsige Untergrund war für Wiesenwirtschaft und Obstbau prädestiniert, bis schließlich die Maschinen der Bauern immer größer wurden und somit die Obstbäume beim Mähen und Bearbeiten störten. Die Natur richtete sich nach diesen Änderungen und somit gebe es heute nur noch ein einziges Paar Steinkäuze, das sich weiterhin tapfer in den wenigen Obstbäumen halte. Diehl erinnerte an den für Obstbauern sehr ungünstigen Frühling und die somit stark minimierte Ernte bei Nüssen und Früchten. Nur knapp ein Drittel der sonst üblichen Erträge machen dieses Jahr den Obstbauern schon sehr zu schaffen und so appelliert der Naturkenner, dass die Obstbäume nicht Allgemeingut für Alle seien, sondern von Privatleuten oder vom Bund Naturschutz bewirtschaftet würden, die die Früchte ihrer Arbeit auch gerne selbst genießen möchten. Zum Schutze der Ernte habe es früher übrigens den „Feldschütz“ gegeben, eine Art landwirtschaftliche Polizei, die mit Dieben nicht lange fackelte.
Nach diesen Ausführungen ging der Marsch weiter durch die hügelige, herbstlich anmutende Landschaft und ein Waldstück, bis man schließlich Schlierbach erreichte, wo Diehl ein paar launige Worte über das Verhältnis der Langstädter zu den Schlierbachern und zur Veitskapelle vor der Reformation fand. Am Bach entlang, der sich wie in Langstadt mitten durch das Bauerndorf schlängelt, führte die Strecke weiter nach außerhalb, wo man im Tal schon die anvisierte Schafherde grasen sah.
Dort erwartete Werner Becker mit seiner Frau Elfriede und den zwei Hütehunden „Kira“ und „Lotte“ die Wanderer. In der wohlverdienten Trinkpause für die Grenzgänger erzählte er von seinem Leben als Schäfer. Während seiner Berufstätigkeit am Frankfurter Flughafen betrieb er die Schafszucht im Nebenerwerb, denn obwohl er von Kindesbeinen an vom Leben als Schäfer träumte, erlaubte ihm sein Vater nicht, als „Faulpelz“ durchs Leben zu gehen. Offensichtlich hatte der Vater nur wenig Ahnung, wieviel auch harte Arbeit auf einen Schäfer tatsächlich wartet. Zurzeit sei er mit 160 Mutterschafen unterwegs und käme mit Jährlingen und den Augustlämmern auf insgesamt 260 Tiere. Mit dieser Zahl gelte er nach wie vor als Nebenerwerbler, denn um davon leben zu können, seien mindestens 500-600 Tiere notwendig. Als er 1978 mit drei Tieren anfing, arbeitete er noch Schichtdienst auf dem Flughafen und es war schon sehr beschwerlich, Hobby und Arbeit gleichermaßen gerecht zu werden. Der Hauptverdienst eines Schäfers läge beim Verkauf der Lämmer, da sich die Fleischpreise in den letzten vier Jahren recht gut entwickelt hätten, was Becker zu gleichen Teilen den sinkenden Schäferzahlen und der größer werdenden Zuwandererzahl zuschreibt. Die Schafswolle gehe nach Göttingen zum Händler und der Erlös daraus decke gerade mal die Kosten für die Schur. Während der Vollblut-Schäfer seine Ausführungen macht, schickt seine Frau einen der Hunde los, um die weit auseinanderstrebende Schafherde wieder zusammenzutreiben. In nur wenigen Minuten sorgt „Lotte“ für Ordnung und die Schäfchen stehen wieder übersichtlich zusammen.
Die wolligen Tiere sind bis auf die Zeit von Januar bis April draußen, denn das Frischfutter ist günstiger und gesünder für sie. Auf eigenen Grundstücken kann der Schäfer bis zu vier Ernten im Jahr nutzen: so mache er im Frühjahr Silage, im Sommer Grummet, eine weitere Silage im Spätsommer und schließlich im Herbst dürften die Schafe selber ernten. Beim Umherziehen mit seiner Herde kämen sich die Schäfer heutzutage nicht mehr gegenseitig ins Gehege, da es viel zu Wenige gebe. Der 63-Jährige will mit seiner Herde weitermachen, solange er gesundheitlich könne und Spaß daran habe, denn auch er habe keinen Nachwuchs, wie so viele andere Schäfer auch.
Über den Riedelsberg und die Hohe Straße zog sich der Weg zurück nach Langstadt, wo im Sportlerheim ein leckeres Kuchenbuffet wartete. Weitere Kaffeegäste hatten sich schon eingefunden, denn auch wenn man für die gut neun Kilometer lange Strecke nicht mehr fit genug war, wollen sich viele Langstädter den gemütlichen Abschluss nicht entgehen lassen. Der Grill bot schließlich noch Närrisches Kochkäs-Steak, Bratwürste und Käseknacker und für die Kinder war ein Lagerfeuer für Stockbrot entfacht worden. Mit insgesamt 137 Teilnehmern (die Narren nehmen das genau!), war der 17. Grenzgang ein voller Erfolg und die müden Teilnehmer ruhten sich gerne bei angeregten Gesprächen hinter dem Sportlerheim aus.
Ein Hinweis sei noch zu geben auf den Kartenvorverkauf am 10.12. im Sportlerheim: die Langstädter Narren freuen sich über jeden, der am 20.+ 27.1.2018 zu den Sitzungen kommt. Die Kindersitzung findet am 28.1. statt und hofft ebenso auf zahlreiche Gäste.    kb

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