Kultursprung: Territorialmuseum öffnet seine Pforten in Babenhausen

Nachdem das rote Band zur Eröffnung des Territorialmuseums zerschnitten war, gab es für Georg Wittenberger, Gabi Coutandin und Dieter Aumann (v.l.) als letzte offizielle „Pflicht” noch einen weiteren gekonnten Schnitt zu setzen!

Von Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt sind etliche Zitate überliefert. Darunter dieses: „Wer Visionen hat, der sollte zum Arzt gehen.“ Als Bauunternehmer Dieter Aumann den Ausspruch wiedergibt, schwingt Heiterkeit mit, kann er die Behauptung doch widerlegen.

„Auch ich hatte eine Vision“, sagt er am Sonntagnachmittag vor mehr als 120 Gästen in der Babenhäuser Stadthalle. „Wäre ich damit zum Arzt gegangen, säßen wir heute nicht hier.“

Statt seinen Zukunftstraum ärztlich behandeln zu lassen, gründete Aumann eine Stiftung, die  das einstige Gaylinghaus in der Babenhäuser Amtsgasse 32 erwarb, um es zu restaurieren und dort ein Territorialmuseum einzurichten. Der notariellen Überschreibung des denkmalgeschützten Hauses an die „Stiftung Amtsgasse 32“ folgten knapp dreieinhalb arbeitsintensive Jahre, die Dieter Aumann - begleitet von der Sickenhöfer Theatergruppe SiLT und Opernsängerin Katja Boost-Munzel - in einer Feierstunde zur offiziellen Museumseröffnung ausführlich beschrieb.

Über die Kosten der aufwendigen Restaurierung und Einrichtung - etwa die Hälfte wurde aus öffentlichen Mitteln finanziert - möchte der Stiftungsvorsitzende nach wie vor keine genaue Auskunft geben. Auf Nachfrage gibt er einen siebenstelligen Investitionsbetrag an. Wer das halb verfallene Haus aus früheren Tagen kennt und dessen Wandlung zu einem imposanten Bauwerk erlebt hat, kann sich leicht vorstellen, dass eine Summe in Millionenhöhe investiert werden musste.

Vom Ergebnis konnte sich am Sonntag nun erstmals die Öffentlichkeit überzeugen. Mitglieder des Heimat- und Geschichtsvereins führten durch die Räume, in denen nun vom Gewölbekeller bis zum Dachgeschoss 5000 Jahre Geschichte lebendig werden. Lange bevor die Arbeiten am Haus der Grafen Gayling begannen, war klar, dass sich das Museum von klassischen Heimatmuseen deutlich abgrenzen soll. So ist der zeitliche und geografische Rahmen deutlich weiter gesteckt, und auch konzeptionell ist das Territorialmuseum eine Besonderheit. Räumlich reichen die Themen des Museums bis ins Elsass, zeitlich bis in die jüngste Vergangenheit, als die Amerikaner in der Babenhäuser Kaserne stationiert waren.

Geschichte wird durch den Einsatz moderner Medien und Aktivstationen, für die vor allem Reinhard Munzel verantwortlich zeichnete, mit allen Sinnen spürbar und greifbar. Am Eröffnungstag kommt dies vor allem bei den jungen Museumsbesuchern gut an. Sie können sich mit Schablonen, Tinte und Federkiel als Amtsschreiber der Freiherren Gayling versuchen, alte Längenmaße in heute gültige Maßeinheiten übertragen und an einer Prägemaschine Buttons mit dem Motiv des Gaylinghauses herstellen.

Als Graf Johann Reinhard III. berichtet Georg Wittenberger vom Heimat- und Geschichtsverein in historischer Gewandung aus längst vergangenen Tagen. Es gehe jedoch nicht ausschließlich darum Historisches zu bewahren, sagte er. Vielmehr solle eine Brücke geschlagen werden zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Nur wer die Geschichte seiner Region kenne, dem erschließe sich auch die Heimat. Landrat Klaus Peter Schellhaas betonte, dass nicht nur das Konzept des Museums außergewöhnlich sei. „Es ist auch bemerkenswert, dass hier ein neues, modernes Museum eröffnet werden kann, während es anderenorts immer schwieriger wird, Galerien zu erhalten.“

Eine kunstvolle Zeitreise gab es im Vorfeld der Museumseröffnung, als die Sickenhöfer Theatergruppe „SiLT“ das von Ute Wittenberger geschriebene Stück „Die Geister der Vergangenheit“ aufführte. Die Darsteller zeigten großes schauspielerisches Talent und belebten die historischen Ereignisse neu, moderiert von einem Hofnarren, der im „Sauseschritt“ durch die Geschichte Babenhausens führte. Opernsängerin Katja Boost-Munzel, begleitet von Gerda Stockinger am Piano, umrahmte den Festakt musikalisch.

Zahlreiche Gastredner lobten das gelungene Projekt, das bereits ein großer Wunsch des verstorbenen HGV-Vorsitzenden Klaus Lötzsch gewesen war. Auch bei den hunderten Besuchern am Eröffnungstag stieß das Territorialmuseum auf positive Resonanz. „Wir haben lange auf die Eröffnung gewartet“, sagt eine Babenhäuserin und fügt an: „Das Warten hat sich gelohnt.“           mel

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